SAP R/3® im Kontext der Ordnungsmäßigkeitsanforderungen…

SAP R/3® im Kontext der Ordnungsmäßigkeitsanforderungen oder woraus resultieren Ordnungsmäßigkeitsanforderungen im SAP R/3®-Umfeld für die Prüfung?

Bei SAP R/3® handelt es sich um eine Software, die auch gerne als ERP System bezeichnet wird.
ERP steht dabei für Enterprise Resource Planning, was soviel bedeutet dass unter anderem die unternehmenseigenen Produktionsfaktoren wie beispielsweise Mensch und Betriebsmittel in eine planvoll organisierte Wirtschaftseinheit effizient integriert werden.


Dies soll unter zu Hilfenahme einer Software geschehen, die die beteiligten Geschäftsprozesse integrativ abbildet und somit sämtliche Ressourcen unternehmensweit verwaltet. Unternehmensbereiche, die durch eine ERP Software abgebildet werden können, sind unter anderem

  • Finanz- und Rechnungswesen,
  • Materialwirtschaft,
  • Controlling,
  • Personalwirtschaft,
  • Fertigung,
  • Forschung und Entwicklung,
  • Verkauf und Vertrieb.

Wenn ein Unternehmen nunmehr SAP R/3® einsetzt, dann auch regelhaft um die finanzbuchhalterischen Aspekte abzubilden. Als normensetzende Instanz für die Buchführung wirkt meist die nationale Gesetzgebung. Im Zeitalter der Globalisierung und Wirken der internationalen Märkte haben sich internationale Rechnungslegungsvorschriften etabliert, die häufig als Additiv zur nationalen Gesetzgebung wirken oder sie ggfs. langfristig auch ersetzen werden. SAP® wird als Software weltweit in über 120 Ländern bei 24.000 Kunden mit mehr als 84.000 Installationen eingesetzt. Demzufolge gilt es die jeweiligen Landesvorschriften zu berücksichtigen als auch internationale Vorgaben zu erfüllen.

In diesem weit verzweigten Kontext müssen Prüfer ihre jeweiligen Ordnungsmäßigkeitsvorgaben rekrutieren und in eine gesamtheitliche Prüfstrategie integrieren. Die nachfolgenden Ausführungen sollen dabei ein wenig behilflich sein.

GoB – GoBS

LMit der Einführung des Handelsrechts im Jahre 1886 wurden bereits die ersten GoB definiert. 1985 erst erfolgte anlässlich der EG-Harmonisierung der Rechnungslegungsvorschriften die gesetzliche Verankerung. Jedes Unternehmen, das seine Buchhaltung EDV-seitig abbildet unterliegt in Deutschland den Anforderungen zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger DVgestützer Buchführungssysteme (GoBS).

Dieses Regelwerk wurde 1995 durch ein Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen veröffentlicht und maßgeblich mit der Arbeitsgemeinschaft für wirtschaftliche Verwaltung e.V. (AWV) entwickelt.
Ursprünglich war der Geltungsbereich auf die steuerlichen Buchführungsaspekte beschränkt; da jedoch vielfach in Klein- und Mittelständischen Unternehmen (KMU) die Einheitsbilanz Anwendung erfährt, wirkt sich das Grundsatzregelwerk entsprechend ergänzend handelsrechtlich aus.

Im Wesentlichen geht es natürlich darum, die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung auf eine EDV-seitige Lösung zu transformieren und somit dem Kern der Anforderungen Rechnung zu tragen. Bei den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) können ein paar essentielle Regeln vereinfacht zusammengefasst werden:

  1. Keine Buchung ohne Beleg, und wiederum kein relevanter Beleg ohne Buchung(en).
  2. Jede Buchung muss eindeutig auf einen Beleg verweisen und vice versa.
  3. Es dürfen keine nachträglichen Veränderungen einer Buchung vorgenommen werden, sondern nur Umbuchungen oder Stornierungen.
  4. Die Buchführung muss zweckmäßig chronologisch geordnet und lückenlos sein.

Faktisch handelt es sich bei den benannten GoB ausschließlich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, deren elementare Anforderung aus dem HGB (Handelsgesetzbuch) resultieren.

Es gilt nach:

§ 238 Abs. 1 HGB (für alle Unternehmungen):

Jeder Kaufmann ist verpflichtet Bücher zu führen und in diesen seine Handelsgeschäfte und die Lage seine Vermögens nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung ersichtlich zu machen.

§ 243, I HGB (für alle Unternehmungen): 

Der Jahresabschluss ist nach den GoB aufzustellen.

§ 264, II HGB (für Kapitalgesellschaften):

Der Jahresabschluss hat unter Beachtung der GoB ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild (…) zu vermitteln.

Die gesetzlichen Rahmenanforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung der GoBS lassen sich konkret wie folgt zusammenfassen (§§ 238 Abs.2, 239 Abs.4, 257, 261 HGB und §§ 145, 146 AO):

  • Die buchführungspflichtigen Geschäftsfälle müssen richtig, vollständig und zeitgerecht erfasst sein und sich in ihrer Entstehung und Entwicklung verfolgen lassen (Beleg- und Journalfunktion).
  • Die Geschäftsfälle sind so zu verarbeiten, dass sie geordnet darstellbar sind und demnach ein Überblick über die Vermögens und Ertragslage gewährleistet ist (Kontenfunktion).
  • Die Buchungen müssen einzeln und geordnet nach Konten erfolgen. Die Konten müssen fortgeschrieben werden nach Kontensummen oder Salden, sowie nach Abschlusspositionen. Diese müssen alle jederzeit darstellbar und lesbar gemacht werden können.
  • Einem sachverständigen Dritten muss es möglich sein, sich in angemessener Zeit mit dem Buchführungsverfahren vertraut zu machen, damit er sich einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und die Lage des Unternehmens machen kann.
  • Das Verfahren der DV-gestützten Buchführung muss durch eine Verfahrensdokumentation sowohl die aktuellen als auch die historischen Verfahrensinhalte nachweisen, verständlich und nachvollziehbar machen.
  • Eine Programmidentität muss dahingehend gewährleistet sein, dass das in der Dokumentation beschriebene Verfahren dem in der Praxis eingesetzten entspricht.

Führung der Handelsbücher

Für die Führung der Handelsbücher nach § 239 HGB (Radierverbot) gilt:

  1. Die Eintragungen in Bücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen müssen vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden.
  2. Eine Eintragung oder Aufzeichnung darf nicht in einer Weise verändert werden, dass ihr ursprünglicher Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Auch solche Veränderungen dürfen nicht vorgenommen werden, deren Beschaffenheit es ungewiss lässt, ob sie ursprünglich oder erst später gemacht worden sind.
  3. Die Handelsbücher und die sonst erforderlichen Aufzeichnungen können auch auf Datenträgern geführt werden, soweit diese Form der Buchführung einschließlich des dabei angewandten Verfahrens den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung entspricht.

Weiterzulesen im Anhang: